Physik wird zu einem Lehr- und Forschungsgegenstand
Ab 1740 verstärkte sich sowohl die Kritik als auch der staatliche Einfluss an der Universität.
Aufgrund des veralteten und praxisfremden Lehrplanes verstärkte sich ab 1740 sowohl die Kritik als auch der staatliche Einfluss an der Universität. Eine zunehmende Tätigkeit auf naturwissenschaftlichem Gebiet ist festzustellen. 1745 wurde ein mathematischer Turm errichtet, dessen Ausstattung astronomische und meteorologische Instrumente sowie Experimentier- und Demonstrationsgeräte - vor allem aus der Optik - umfasste. Die erstmalige Anschaffung von Werken Sir Isaak Newtons erfolgte wahrscheinlich auf Initiative Karl Scherffers, der 1748 bis 1750 in Graz lehrte und die Physik in Graz auf den damals aktuellen Stand brachte. Zwischen 1752 und 1773, dem Jahr der Aufhebung des Jesuitenordens, wurde die Universität der völligen staatlichen Kontrolle unterstellt. Nur wenigen außerordentlich befähigten Ex-Jesuiten wurde gestattet, weiterhin an der Universität zu lehren. So auch Leopold Biwald, der wie Scherffer, nach Aktualität strebte und als Physiker im heutigen Sinn angesehen werden kann. Gemeinsam mit seinen Fachkollegen Nikolaus von Poda und Karl Taupe verbesserte er das mathematische, physikalische und technische Lehrangebot wesentlich. Seine Lehrbücher wurden österreichweit vorgeschrieben und fanden auch europaweite Verbreitung. Mathematik und Physik wurden 1773 zu Obligatfächern aufgewertet. Die Universität wurde von 1782 bis 1827 zwar zu einem Lyceum degradiert, doch dieser Umstand änderte am Forschungsbetrieb nur wenig. Das 1811 von Erzherzog Johann gestiftete Joanneum, welches unter anderem eine technische Lehr- und Forschungsstätte beinhaltete, sollte eigentlich dem Lyceum beigestellt werden. Später gingen daraus die Technische Hochschule Graz und die Montanistische Hochschule Leoben hervor. Behindert durch Zensur und bewusst erschwerter Auslandskontakte, entwickelte sich die naturwissenschaftliche Forschung nur zaghaft. Durch die 21. Versammlung deutscher Ärzte und Naturforscher in Graz 1843 wurde diesem Umstand jedoch etwas abgeholfen. Ein magnetisches Observatorium wurde errichtet und 1846/47 erstmals ein Assistent der Physik unter Wilhelm Gintl - dem ersten Nachrichtentechniker Österreichs - eingestellt. (K. Rumpf / P. Granitzer)